Erfolgreiche Segelflug-Ausbildung trotz Corona


Für einen Luftsportverein ist es von entscheidender Bedeutung, selbst Fliegernachwuchs heranziehen und ausbilden zu können. In dieser Hinsicht stellte die Corona-Pandemie auch für den Luftsportverein Füssen eine Herausforderung dar. Normalerweise werden die Flugschülerinnen und Flugschüler des Vereins vor Ort am Flugplatz in praktischen Belangen ausgebildet, der theoretische Teil wird meist in Form von Präsenz-Unterricht durchgeführt. Beides war in diesem Jahr bedingt durch die Kontaktbeschränkungen deutlich erschwert. Doch der Verein hat kreative Wege gefunden, trotz der Auflagen und Risiken im Ausbildungsprogramm voran zu kommen.

Sechs neue Scheininhaber im Jahr 2020

Als die Pandemie Bayern erfasste und immer mehr Beschränkungen griffen, waren insgesamt 13 Schüler in verschiedenen Phasen der Segelflug-Ausbildung gemeldet. Diese muss man sich so vorstellen, dass beginnend mit den ersten Wochenenden im April die Flugsaison für Segelflieger beginnt. Völlige Anfänger fliegen ab dann zuerst mit einem Fluglehrer im Doppelsitzer. Ziel ist es, die neuen Piloten zuerst zur „Alleinflugreife“ zu bringen, so dass sie das Segelflugzeug auch ohne Hilfe des Fluglehrers in die Luft und sicher wieder auf den Boden bekommen. Dies erfordert, je nach verfügbarer Zeit und Lerntempo, meist zwischen 60 und 100 Starts. Danach findet die Ausbildung teils im Alleinflug auf einsitzigen Seglern statt, teils wieder im Doppelsitzer für neue, anspruchsvollere Lektionen. Am Ende müssen angehende Segelflieger genügend Flugstunden – insgesamt 15 – und kleine Strecken alleine, nur angetrieben durch die Kraft der thermischen Aufwinde absolvieren. Das ist meist in der zweiten oder Anfang der dritten Flugsaison zu schaffen. Bedingt durch Corona durfte zunächst gar nicht geschult werden, alle Vereinsaktivitäten wurden in Bayern bis Mitte Mai auf Eis gelegt. Die Schulung durfte erst danach unter Auflagen wieder aufgenommen werden. Doppelsitzige Flüge sind auf ein Minimum zu beschränken und es muss Mund-Nasenschutz getragen werden. Für das Füssener Fluglehrer-Team war es eine Ehrensache, die versäumte Zeit nachzuholen und es wurde intensiv geflogen. So kamen in 2020 trotzdem bisher 536 Schulstarts zusammen.

Doch was tun mit der erforderlichen Theorie und der Vorbereitung auf die theoretische Prüfung? Der Luftsportverband Bayern als Träger der Vereinsausbildung gibt ein Ausbildungshandbuch heraus, dass den theoretischen Unterricht in Meteorologie, Luftrecht, Navigation, Menschlichem Leistungsvermögen und einem Block von vier Fächern des Bereichs Technik vorschreibt, dazu kommt eine Sprechfunk-Ausbildung. So kommen bis zu 40 oder gar 50 Stunden Theorie- Unterricht zusammen, die normalerweise am Abend oder Winterwochenenden als klassischer Unterricht organisiert werden müssen. Die Fluglehrer müssen sich durch Zwischenprüfungen, sogenannte „Progress Checks“ vom Lernfortschritt überzeugen, bevor Schüler zur Prüfung angemeldet werden dürfen. Hier kamen nun moderne Techniken zum Einsatz: Der Unterricht und Progress Checks wurden mit dem Videokonferenz-System „Zoom“ durchgeführt. Dies war für die Fluglehrer eine Neuerung und einiges an Arbeit. Es galt, die letzten Inhalte von den herkömmlichen Grafiken, Folien, Tafelbildern auf Bildschirmpräsentation umzusetzen, Tablet Computer als Tafelersatz zu nutzen und Schulungsvideos zu sammeln. Hier zeigt sich, dass Fliegen immer lebenslanges Lernen bedeutet, auch langjährig erfahrene Fluglehrer hatten Spaß an der Herausforderung, die Unterrichte konnten remote, ohne Anfahrten und Zeitaufwand für Raumbuchung und Hygienemaßnahmen stattfinden und am Ende kamen über 200 Unterrichtsstunden zusammen, die sich die Schüler gutschreiben konnten. Die Prüfungsfragen stehen schon länger per Web-Anwendung zur Verfügung, so dass am Ende eine Flugschülerin und fünf Flugschüler ihre Theorieprüfungen mit durchweg guten bis sehr guten Resultaten absolvieren konnten. Die praktischen Prüfungen liefen – mit Abstand und Hygieneregeln –  auch erfolgreich ab, so dass in der nächsten Saison sechs neue Scheininhaber die Vereinsflugzeuge Flugzeuge des LSV fliegen können. Das Ausbildungsteam ist zuversichtlich, dass im kommenden Winterhalbjahr weitere Theorieprüfungen absolviert werden und der Verein so trotz Corona wächst und fliegerische Fortschritte macht.